
Liebes Tagebuch, liebe Leute, weiter geht's mit Part III.
In Sri Lanka wird jeder Vollmond-Tag als Feiertag gefeiert. Schulen, Shops, Banken etc. haben heute also zu und ich hatte das Glück einen ganz besonderen Vollmondtag zu erwischen, denn heute wird im ganzen Land das buddhistische Fest "Poson Poya" gefeiert. Es findet einmal im Jahr statt und unterscheidet sich komplett von all unseren Festen in Europa.
Die Straßen waren mit bunten Fahnen dekoriert und immer wieder stand jemand mitten auf der Straße, schwenkte eine jener Fahnen und forderte uns so auf anzuhalten und den Roller abzustellen. Warum? Weil wir jetzt etwas geschenkt bekommen. Ich holte mir von meinem Guide die nötige Erklärung ein: Bei diesem Fest wird an jene gedacht, die nicht viel Geld haben und teils hungern müssen. Deswegen spendet jeder im Ort Lebensmittel und mit denen wird dann gekocht. Das fertige Gericht wird dann an alle vorbeikommenden Leute gratis verteilt!
Ich war hin und weg von der Idee und da wir durch mehrere Orte durchfuhren bekamen wir diese Stände öfters zu sehen. Die ersten Stopps ließen wir aus, da wir pünktlich vor dem Regen beim Wasserfall sein wollten, aber nun am Nachhauseweg fuhren wir an den Straßenrand, als uns zwei junge Männer von der Straße fischten. Einer hielt die Fahne und der andere ein Tablett mit Plastikbechern in der Hand. Wir beide bekamen je einen solchen Becher und ich sags euch: Im ersten Moment wusste ich nicht so recht, ob ich mich da drüber freuen konnte😅. Es sah nämlich original so aus, als befänden sich im Becher Nudeln mit Fischeier und Erbsen. 3x hab ich meinen Guide gefragt, was das ist und 3x zuckte er mit den Schultern. "Einfach aus dem Becher raustrinken", meinte er. Oh Gott, was tut man nicht manchmal, um andere Kulturen und deren Sitten kennen zu lernen, also Augen zu und runter damit!
Der Gräuelschock blieb aus, denn die Pampe schmeckte tatsächlich hervorragend! Es war anscheinend eine Süßspeise und die vermeintlichen Fischeier entpuppten sich als Obst. Puuuh, Glück gehabt. Zimt schmeckte ich ebenfalls heraus. Immer mehr Roller-, Auto-, und Tuktukfahrer sammelten sich am Straßenrand an und jeder war mit dem Geschenk vollauf zufrieden! Mein Guide meinte, dass es bei anderen Ständen z.B. Reis und Curry, Muffins und Eis gäbe. Eine freiwillige Spende herzugeben wäre bei diesem Brauch unangebracht, die Leute freuten sich aufrichtig, wenn man das Essen annahm und es einem schmeckte. Ich durfte von den beiden freundlichen Jungs noch ein Foto machen und dann ging es auch schon wieder weiter.
Nächster und letzter Stopp: Das Zuhause meines Guides. Schon zu Beginn der Tour fragte er, ob er mich zu sich und seiner Familie zum Essen einladen dürfe. Wenn ihn jemand als Guide buche, mache er das regelmäßig so. Und ich hatte schon davon gehört, dass die Leute hier gerne Besuch empfangen und man nicht nein sagen soll, also hatte ich natürlich dankend zugestimmt.
Funfact Nr. 1: Als wir beim Haus ankamen befanden wir uns gerade mitten in einem Powercut - das heißt kein Strom und kein Licht. Ich konnte also seine Familie (bestehend aus Frau und Baby, Schwester und Baby, Schwager, Mutter und einem weiteren Mädchen) reden hören, sie aber nicht sehen - ganz schräg! 😂 Jeder war sehr freundlich und vor allem seine Schwester suchte lange mit mir das Gespräch. Wir tratschen über Österreich, Politik, Probleme in Sri Lanka, mein zu Hause, meinen Job und über Babys - da sie ihres gerade am Arm hin und her schunkelte. Als wir auf das Thema Karenz zu sprechen kamen wurde sie unglaublich neidisch: "I think I have to move to Austria!" In Sri Lanka arbeiten die Frauen hochschwanger bis zur Geburt und haben danach nur 4 Monate frei, bevor sie wieder bei der Arbeit antanzen müssen. Wer das nicht tut ist seinen Job los. Kinderbetreuungsplätze gibt es gar keine und so musste ich kurz an die ein oder andere Mutter in Österreich denken, die sich bei mir damals im Kindergarten beschwerte, warum das Haus schon um 17 Uhr schließe, das sei ja eine Zumutung. Tja, ein paar Tage reisen in einem solchen Land würde der Dame ganz gut tun, um zu verstehen, welchen Luxus sie da in Österreich überhaupt hat.
Aber jetzt weiter zu Funfact Nr. 2: Als der Strom wieder da war und das Essen fertig zubereitet werden konnte setzten sie mich schlussendlich alleine ins Esszimmer an den vollgedeckten Tisch. Okay? Soll ich jetzt schon mal anfangen? Natürlich, denn anscheinend ist es in Sri Lanka üblich, dass der Gast zuerst speist und erst dann die Familie isst. Na da lob ich mir doch tatsächlich unseren Brauch in Österreich, ganz nach dem Motto: "Hau di her, samma mehr". Der Strom fiel aus unerklärlichen Gründen heute gleich noch ein zweites Mal aus und so saß ich im Finstern mit einer Taschenlampe alleine am Esstisch und aß Reis, Curry und Coconutsambol (letzteres hatte der Schwager extra frisch nur für mich zubereitet, als er bei unserem Gespräch mitbekommen hatte, dass mir das vor ein paar Tagen wo besonders gut schmeckte. Sind die Leute hier nicht der Wahnsinn?)
Ich bedankte mich bei der Familie, ließ eine Packung Kekse als Dankeschön da (auch das ist hier so üblich, hab ich im Internet recherchiert 🤓) und war dann heilfroh, als ich in meiner Unterkunft endlich aus den nassen Klamotten rauskonnte. Spannend, spannend sag ich da nur!
Versteh ihr jetzt, warum ich diesen Dienstag in 3 Beiträge aufteilen musste? Ich denke ja! 😉 Gute Nacht, eure Babsi!
(geschrieben am Dienstag, den 14. Juni)
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