
Liebes Tagebuch, liebe Leute!
Ich sag's euch: Es ist einfach so UNFASSBAR toll, welche Dinge man erlebt, wenn man alleine reist. Ich fühl mich gerade überglücklich und vor allem dankbar reisen zu können. Zuerst das morgendliche Megaerlebnis mit den Walhaien und nun solch nette neue Bekanntschaften!
Nach einer kurzen Ruhepause am Vormittag wollte ich wieder aktiv werden. Ich habe auf dieser wunderbaren Insel immerhin nur 8 Tage gesamt, die Uhr tickt also. Verausgaben wollte ich mich nicht, da ich noch nicht zu 100% gesund bin - der Schnupfen ärgert mich noch etwas. Doch eine 4 km Wanderung zu einem naheliegenden Wasserfall? Das hörte sich doch gut an, denn diese vier könne ich in einem gemütlichen individuellen Tempo hinter mich bringen.
Ganz so easy war es dann doch nicht, wie sich herausstellte. Die Strecke verlief zuerst an der Hauptstraße entlang und nachdem ich dann links abbog, ging es einfach nuuur noch bergauf. Das größte Problem dabei war die Sonne: Es gab hier keinen Schatten und es gab keine einzige Wolke am Himmel und nach einem Kilometer Hitzehike setzte ich mich mal unter einen Baum, um großzügig etwas zu trinken. Ich muss vermutlich nicht näher drauf eingehen, wie sehr ich bereits schwitzte. Auf meiner Strecke bisher hatten mich schon zig Mopedfahrer angeredet, ob ich einen Transport zu den Wasserfällen brauchen würde und zu stolz, um für 2km auf ein Bike zu steigen, sagte ich immer ab. Doch nun begann ich umzudenken: Es wäre schlicht und einfach DUMM weitere Kilometer in der prallen Sonne am Asphalt zu hatschen - das nächste Angebot würde ich also annehmen. Im Schneckentempo setzte ich meinen Hatsch fort und kam an einem Bushäuschen vorbei. Darin hatten sich gerade alle Bauarbeiter für die Mittagspause verschanzt und luden mich zu sich in den Schatten ein. "Jetzt ist es ja viel zu heiß zum Wandern, du bekommst noch einen Hitzeschlag!", meinte einer und so abwegig war das gar nicht. Ich bin zwar inzwischen nur zwei weitere Minuten gegangen, doch ich nahm das Angebot dankend an. Wie lustig: Jetzt saß ich da am Bankerl zwischen zehn Straßenarbeitern 😂.
Wir tratschten eine Weile über meine Reise, das Wetter und die Jahreszeiten in Österreich, ich musste ihnen Fotos vom Herbst und vom Winter zu Hause zeigen und Trinken und Essen wurde mir auch angeboten (das hab ich allerdings dankend abgelehnt). Der Nachbar hier gabelte mich dann schlussendlich mit seinem Moped auf und fuhr mich für ca. 30 Cent die letzte Strecke zum Wasserfall. Ah als Abschied bekam ich zuvor von einem Arbeiter noch ein Kompliment zu meiner "sharp nose" - meine kantige Nase gefiel ihm also besonders gut (na wenigstens einem von uns beiden! 😂). Nachdem ich mich von allen verabschiedet hatte, düste ich davon. Mann oh Mann, die können einem echt leid tun in dieser Affenhitze am Bau arbeiten zu müssen..
Am Eingang zahlte ich einen knappen Euro und verzichtete auf den dort angebotenen Mopedtransport zum Wasserfall hinunter. Na das letzte Stück, vor allem bergab, schaff ich schon noch - da war er wieder, mein Stolz. Und mein Geiz haha.
Bereits nach der ersten Kurve konnte man den Wasserfall in der Ferne sehen, was für ein Anblick! Unten angekommen war doch einiges los und viele Leute nutzten die Möglichkeit sich hier abzukühlen. Wieeee gerne wäre ich in den atemberaubend schönen und recht großen Pool am Fuße des Wasserfalles gesprungen- doch die Vernunft siegte. Das Wasser hier war recht frisch und eine Briese wehte ebenfalls dauerhaft, da wollte ich nicht riskieren, dass aus meinem Schnupfen doch wieder mehr wird. Also kein Plantschen für mich, unglaublich schade. Ich knipste stattdessen vom Ufer aus ein paar Fotos des Tumalog Wasserfalles und genoss dessen Anblick. Ich habe ja bisher auf meinen Reisen bereits viele Wasserfälle im Dschungel gesehen (Costa Rica, Indonesien, Sri Lanka...), doch ich denke dieser hier rutscht auf meiner Liste glatt auf Platz 1. Leider und wie immer ist es auf den Fotos nicht annähernd ersichtlich, wie schön es hier war! Der Wasserfall hat eine Fallhöhe von 100m und da wir uns gerade in der Regenzeit befinden, ist der türkise Pool darunter auch besonders groß. Nahe am fallenden Wasser fliegen kreuz und quer Schwalben (so genau weiß ich das nicht, aber die Vögel fliegen genauso, wie die Schwalben bei uns zu Hause) und auch viele richtig große Schmetterlinge konnte man sichten. Ein Paradies!
Während ich so auf meinem Bankerl saß wurde ich von einem Mann angesprochen, der sich ebenfalls dazusetzte. Es stellte sich heraus, dass er ein Touristenguide war und darauf wartete, dass seine Kunden das Schwimmen beendeten. Es war ein ganz nettes Gespräch übers Reisen, Sprachen und die Philippinen, bis er gerufen wurde und sich mit seinen beiden Damen auf den Weg machte. Ja, Bekanntschaften macht man hier schnell und es ist nicht ansatzweise mit der Männersituation in Sri Lanka vergleichbar - hier wollen die Männer (gleich wie die Frauen) einfach freundlich sein, mit dir ins Gespräch kommen und Geschichten lauschen. Raymund hat er übrigens geheißen, ich finde die Namen hier ja toll. Wenn sich z. B. ein braungebrannter Fritz bei dir vorstellt kannst ja nur zu grinsen beginnen! 😉
Kurze Zeit später beschloss ich, dass es auch für mich Zeit wurde, um den Rückweg anzutreten. Das wirklich steile Stück (ich klammerte mich richtig an den Fahrer, aus Angst beim nächsten Gasschub nach hinten zu fallen😅) ließ ich mich bequem nach oben chauffieren. "30 Pesos", meinte der Fahrer dann zu mir und während ich in meinem Geldtascherl kramte, tippte ein Typ aus einem Van heraus dem Mopedlenker auf die Schulter: "Hey, her ride was for free!" Es war Raymund, der zufällig gerade seinen Van ausparkte und tatsächlich nickte der Mopedlenker nur und kehrte um. "Oh dankeschön, das ist ja wirklich sehr nett", meinte ich zu ihm und ging grinsend ein paar Meter weiter. Raymund hatte seinen Van inzwischen ausgeparkt, sah mich dahinspazieren und fragte doch wirklich, ob ich das Stück nach unten mitfahren möchte, er fahre so und so. Hmm eigentlich wollte ich ja gehen, doch einen kurzen Blick zum inzwischen wieder gefährlich strahlend blauen Himmel rauf nickte ich dankbar und stieg vorne dazu ein. Im Van saßen hinten nur die beiden Damen von vorhin drinnen und die Rückfahrt war einfach toll! Wir kamen sofort ins Gespräch, stellten fest, dass sie zur gleichen Zeit auf Palawan waren und auch zur gleichen Zeit nach Bohol weiterreisen möchten wie ich und hatten eine ordentliche Hetz. So sympathisch, nur am kudern und einfach unglaublich herzig die Beiden! "Tell Barbara your story!", meinte Reymund zu ihnen und flüsterte mir mit einem Lächeln im Gesicht zu, dass er noch immer Gänsehaut hätte. Die Story kurz und knapp: Die beiden Damen gingen als Teenager zusammen in die Schule und waren gute Freundinnen, doch nach dem Abschluss brach der Kontakt damals komplett ab und ganze 40 Jahre hatten sie nichts voneinander gehört. Weil eine von ihnen seit längerer Zeit ein so tristes Leben führte, beschloss sie ihre alte Freundin ausfindig zu machen und nach einem Treffen zu fragen. Das war erst dieses Jahr und zack beschlossen die beiden ihr ganzes Geld in die Hand zu nehmen und gemeinsam erstmals auf Reise zu gehen! Sie verstanden sich von Beginn an wieder prächtig und hatten sich viel von den letzten 40 Jahren zu erzählen. Da saßen sie nun hinter mir, eine legte ihren Arm um die Schulter der anderen, während sie mir von ihrer Story erzählten und sie gackerten dazwischen immer wieder wie die Hühner. Herrlich, solche Menschen kennenlernen zu dürfen! 💛
Raymund fuhr mich sogar direkt vor meine Haustür. Er nahm kein Geld an und wünschte mir noch eine wundervolle Reise. Von den beiden Damen hab ich nun den Facebookkontakt, denn gaudihalber sagte ich vorhin im Gespräch, dass sie über ihre Freundschaft und diese Story ja ein Buch schreiben könnten, und sie meinten, dass sie vor kurzem wirklich selbst daran gedacht hätten. "Doch würde das wirklich jemand kaufen?" , fragten sie nach vorne. Als ich antwortete: "I will be your first buyer!", stimmte Raymund gleich mit ein: "And I'm your second one!"
Nach reichlich weiterem Gegacker verließ ich den Bus, winkte ihnen nochmal zum Abschied und musste sogleich den Beitrag hier verfassen. Also wenn solche Erlebnisse nicht zu Schreiberlingsmotivation führen, weiß ich auch nicht!
Sonnige Grüße, eure Babsi!
(geschrieben am Donnerstag, den 21.Juli)
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